Thomas Harlan, geb. 1929, Sohn von Veit Harlan und Hilde Körber. Kindheit in Berlin. Im Jahr 1942 mit seinen Schwestern Maria und Susanne evakuiert, auf den Landsitz der Familie von Bonin nach Ziegnitz (heute Polen). 1945 Rückkehr nach Berlin, 1947 Studium in Tübingen (Philosophie), Bekanntschaft mit Michel Tournier.

1947 Übersiedlung nach Frankreich, dort Kontakt u.a. mit Gilles Deleuze, Pierre Boulez und dem Dichter und Maler Marc Sabathier-Levêque, seinem wichtigsten Freund.

Thomas Harlan und Marc Sabathier-Lévêque in den 1950er-Jahren

Thomas Harlan und Marc Sabathier-Lévêque in den 1950er-Jahren

1952 Begegnung mit Klaus Kinski, 1953 gemeinsame Reise nach Israel. Erste Reise in die Sowjetunion, Theaterstück Bluma.

Thomas Harlan mit Klaus Kinski 1953 in Paris

Thomas Harlan mit Klaus Kinski 1953 in Paris

1955 Mitarbeit am Drehbuch zu „Der Fall Sorge“ (später: „Verrat an Deutschland“) unter der Regie von Veit Harlan.

1957 Theaterstück „Ich selbst und kein Engel“ über den Aufstand im Warschauer Ghetto, 1958 Gründung der Theatergruppe Junges Ensemble in Berlin, Uraufführung von „Ich selbst und kein Engel“ in der Westberliner Kongresshalle. Nach der 50.Vorstellung im Januar 1959 verliest Thomas Harlan einen Aufruf, in dem er Franz Alfred Six und Heinz Jost schwerer NS-Verbrechen bezichtigt.

1959 bis 1963 Recherchen in polnischen Archiven zu NS-Verbrechen, ausgelöst durch die Verleumdungsklagen des Rechtsanwaltsbüros Ernst Achenbach infolge des Aufrufs nach „Ich selbst und kein Engel“. Thomas Harlan liefert Aktenmaterial an die Zentrale Stelle in Ludwigsburg. Enge Freundschaft mit dem hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer. Weil ihm die Ermittlungen der deutschen Justiz zu lange dauern, hält er Sendungen im Warschauer Rundfunk in deutscher Sprache über seine Recherchen, infolgedessen 1964 in Deutschland Anklage wegen Landesverrat (Verfahren wird zehn Jahre später eingestellt). Rückkehr aus Polen nach Mailand, dann in die Schweiz. Das von Giangiacomo Feltrinelli unterstützte Buch-Projekt „Das Vierte Reich“ (über die NS-Verbrecher und ihre Karrieren im Nachkriegsdeutschland) ist gescheitert.

Auf einer Gedenkfeier in Warschau, 1960er-Jahre

Auf einer Gedenkfeier in Warschau, 1960er-Jahre

1964: Tod des Vaters Veit Harlan auf Capri.

1970er-Jahre: Reisen u.a. nach Chile, Bolivien, Mocambique. Thomas Harlan besorgt Geld und Waffen für den chilenischen Widerstand gegen Pinochet. Kontakte zur Lotta Continua in Italien.

Thomas Harlan mit seinem Sohn Chester, 1972

Thomas Harlan mit seinem Sohn Chester, 1972

1975 Dreharbeiten in Portugal zu „Torre Bela, einem inszenierten Dokumentarfilm über die Nelkenrevolution (Uraufführung 1977 in Cannes).

1984 Uraufführung von „Wundkanal“ und „Notre Nazi (Robert Kramers Dokumentarfilm zu den Dreharbeiten von Wundkanal) in Venedig. Der Film ist heftig umstritten, ebenso 1985 bei der Aufführung an der Berlinale.

Thomas Harlan bei Dreharbeiten zu „Wundkanal“ 1980

Thomas Harlan bei Dreharbeiten zu „Wundkanal“ 1980

1990 Uraufführung des Haiti-Films „Souvenance“ auf dem Internationalen Filmfestival in Rotterdam

1998 erster mehrwöchiger Klinikaufenthalt in Frankreich, Niederschrift von „Rosa“.

2000 „Rosa“ erscheint bei Eichborn Berlin.

2001 Übersiedlung nach Schönau am Königssee (bei Berchtesgaden), als Dauerpatient des Klinikums Berchtesgadener Land.

2006 „Heldenfriedhof“ erscheint bei Eichborn Berlin. Der Gesprächsfilm „Thomas Harlan – Wandersplitter, Eine Anti-Biographie“ von Christoph Hübner erscheint.

2007 „Thomas Harlan – Das Gesicht deines Feindes“, ein Gesprächsband mit Jean-Pierre Stephan erscheint bei Eichborn Berlin.

2007 Der Erzählband „Die Stadt Ys“ erscheint bei Eichborn Berlin.

16. Oktober 2010 Thomas Harlan stirbt in Schönau am Königssee.

2011 Der nachgelassene Text „Veit“ erscheint bei Rowohlt, ebenso eine Werkausgabe von Thomas Harlans bisher erschienenen Büchern im Taschenbuchprogramm von Rowohlt.

Ausführliche biographische Informationen finden sich in „Thomas Harlan: Hitler war meine Mitgift. Ein Gespräch mit Jean-Pierre Stephan“ sowie im Gesprächsfilm „Thomas Harlan – Wandersplitter“ von Christoph Hübner.

Thomas Harlan 2007 (Bild: Oliver Mark)

Thomas Harlan 2007 (Bild: Oliver Mark)