Thomas Harlan über…
…seine Biographie
„Was man Leben nennt, besteht ja bei sehr vielen Leuten aus sehr wichtigen Punkten, Zeiträumen, Stationen, und bei mir eben nicht. Meine Lebensvorstellung ist immer auf eine wundersame und immer von mir gut empfangene Weise gestört worden. (…) Mein Leben ist reich an Unfällen, die ich sehr selten provoziert, meistens aber akzeptiert habe, meistens mit Dankbarkeit, weil sie immer Zuwachs bedeutet haben von etwas. (…) Da haut dir eine Geschichte von links rein, und du verrätst schon deine Absichten, zugunsten der Überraschung. Wenn du das weißt von einem Leben, ist automatisch der biographische Aspekt lächerlich, weil ganz viel Leerlauf drin wäre, nichts, Privatzeugs.“
(Thomas Harlan in „Wandersplitter“)
„Das Verb personare bedeutet: durch die Maske hindurchtönen. Wenn ich es also schaffe, an irgendeiner Stelle durch meine Maske hindurchzukommen und man von mir einen Laut vernehmen kann, der mein eigener ist, dann war ich eine Person.. Insofern wäre es mir wichtig, es bliebe von den Dingen, die ich gemacht habe, der Ton übrig. Ein Ton, der gehört und weitergegeben werden kann.“
(Thomas Harlan im Gespräch mit Beate Ziegs, in Thomas Harlan Memory)
… über „Das Vierte Reich“
„Wenn ich von dieser großen Arbeit gelassen habe, ist es, weil ich damals dem unreflektierten Gegenstand einer bis ins Unendliche gehenden Zahl von Mörder, so nahe stand, dass es zwischen ihnen und mir bald keinen Unterschied mehr gab. Ich habe mich also beinahe am Schluss als einer der Mörder gefühlt. Allein durch meine unendliche nachbarschaftliche Kenntnis ihrer Existenz, die bis zu Hunderten von Telefonnummern ging, die ich auswendig konnte, und ich habe mich vor mir ebenso unendlich geekelt.“
(Thomas Harlan in „Wandersplitter“)
… über die Israel-Reise mit Kinski
„Ich wollte damals einfach den Jubel zeigen, den das auslösen konnte, dass aus diesem Nichts ein Land geworden war. Als alle israelischen Diplomaten, die mich auf meinen seltsamen Wegen begleiteten, noch nicht Hebräisch konnten, sondern nur die Sprachen ihrer Herkunftsländer. Eine rumänische Jüdin konnte plötzlich israelischer Kulturattaché in Paris sein. Sich aus der Geschichte herauszuziehen in eine eigene, das habe ich sehr geliebt, in diese Möglichkeit war ich ganz und gar verliebt.“
(Thomas Harlan in Revolutionskino)
… über Gerechtigkeit
„Gerechtigkeit suche ich überhaupt nicht. Für mich ist Gerechtigkeit die Wahrheit. Ich hatte überhaupt kein anderes Ziel. Wenn unleugbar festgestellt worden ist, so ware es, hat man die unleugbare Möglichkeit, es in Zukunft nicht mehr so sein zu lassen.“
(Thomas Harlan in Revolutionskino)
Andere über Thomas Harlan
Michael Farin
„Thomas Harlan hat sich erinnert, wie kaum ein anderer. Er hat Geschichten erzählt, um sich und uns die bösen Geister vom Leib zu halten. Vor allem aber, damit die Erinnerung nicht verblasst. Damit die bösen Geister nicht in die Körper der Toten fahren. Damit sie nicht in den Köpfen der Lebenden herumspuken. Damit das Ende nicht nur ein Ende ist, sondern auch ein Anfang.“
(Michael Farin in Thomas Harlan Memory)
Libgart Schwarz
„Thomas Harlan war ein unglaublich belebender, abenteuerlicher Mensch. Was der alles wusste, was der alles zusammen bringen konnte – seine Erziehung, die ja sehr feudal war, mit dem Anliegen, das, was er von seinem Vater mitbekommen hatte, irgendwie aufzuarbeiten.“
(Libgart Schwarz in Thomas Harlan Memory)
Armin-Müller Stahl
„Ich erinnere mich, dass der Thomas etwas außergewöhnlich Verführerisches hatte in den jungen Jahren, er war groß aufgeschossen, hatte diese hellen, klaren Körber’schen Augen, und ich erinnere mich daran, dass wir Meinungsverschiedenheiten hatten, es ging um künstlerische Fragen, und da verstand er sich durchzusetzen, in einer, wie sagt man, demagogischen Art. Für mich war das ein Grund, mit ihm nichts mehr zu tun haben zu wollen. Irgendetwas war mir suspekt an ihm. Das war das Ende unserer Begegnung.“
(Armin Müller-Stahl über die Zusammenarbeit mit Thomas Harlan bei der Aufführung von „Ich selbst und kein Engel“, in Thomas Harlan Memory)
Inge Feltrinelli
„Ich wohnte schon mehrere Jahre in Italien, ich hatte selten aus Deutschland so jemanden kennengelernt, ein absolutes Wunderkind der Nachkriegsgeneration, er war hübsch, bezaubernd, frech, ungeheuer kritisch, und er hatte diesen Wunsch, etwas ganz Originelles zu machen, im Grunde wollte er sich sein ganzes Leben an seinem Vater rächen, das war sein Trauma, der Vater – einen Vater, der diese Filme gemacht hat, den kann man ja nur hassen und lieben.“
(Inge Feltrinelli, deren Mann Giangiacomo Feltrinelli die Recherchen für „Das Vierte Reich“ in Polen finanziert hatte, in Thomas Harlan Memory)
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